Bericht unter www.captaincork.com von Manfred Klimek.
Warum soll Maat Mally heute nicht überstunden machen und die Mosel talwärts rudern? Da macht er Halt bei Gernot Kollmann und kostet die letzten Rieslinge aus dem Jahr 2009. Zuschlagen!
Es war Flaute. Das machte nichts. Ich bewegte mich flussabwärts. Die Mosel hinab. Auf den Spuren des Captains. Er ist ein guter Kapitän, der seiner Mannschaft sein Wissen um den guten Rebensaft erzählt und ein gutes Gespür beweist. Ein Gespür für Talente und Newcomer. Und damit meine ich nicht mich. Der Captain schrieb als einer der ersten über Gernot Kollmann und über das Weingut Immich Batterieberg, wo Kollmann seit 2009 für die Jahrgänge Verantwortung trägt. Hier gibt es nur Riesling. In allen Lagen. In allen Kategorien.
Dass hier ein erfahrener Weinmacher am Werk ist, einer, der die Kunst der Spontanvergärung perfekt beherrscht, das erkennt man in jenem Moment, in dem man das Glas zur Nase führt. Was für ein Geruch!
Hedonismus einer anderen Dimension
Hier beginnt Hedonismus einer anderen Dimension. Wollen Sie auf Batterieberg vorstellig werden? Schnallen Sie sich bitte gut an, denn bei Kollmann nimmt man als Copilot eines Kunstfliegers Platz.
Das Weingut? Sieht unbedeutend aus. Kein Betonchateau, keine coole Architektur. Ein kleiner Innenhof, etwas Platzmangel. Sicher nicht der Ort (so denkt man), an dem große Weine entstehen. Doch falsch. Denn Kollmann profiliert sich nicht mit schlechter und uniformer Architektur.
Eröffnend servierte uns Kollmann seinen Einstiegsriesling – ein klassischer Riesling, wie er besser nicht sein könnte. Saftig, vibrierend toll. Aber das erzählte uns bereits der Captain.
Steffensberg schmerzt
Darauf folgte der Riesling Steffensberg. Ein Wein, den ich besonders hervorheben möchte, weil er fast schmerzt. So trocken, wie er ist. Ein guter, fast erotischer Schmerz, der den größten Romantiker in einen nach Bestrafung lechzenden Masochisten verwandelt.
Der Steffensberg ist im Holzfass vergoren und wurde anschließend in fünf alten Barriques ausgebaut. Der Wein ist stark von der Lage geprägt, die massiv eisenhaltig ist. Ein Unikat mit einer deutlichen Frucht nach Steinobst, danach Golden-Delicious-äpfel. Mit mehr Luft noch Kräuter, Koriander und Dill. Genial und noch jugendlich verhalten mit einem Hauch von Holzwürze.
Batterieberg braucht
Der Riesling Batterieberg wird erst mit viel Luft zugänglich. Meiner wurde gerade frisch geöffnet. Da heißt es warten. Und es beginnt, wie großer Wein beginnen soll: sehr reduktiv. Und das ist gut so.
Große Weine dürfen nach dem öffnen auch mal übel riechen. Der Batterieberg riecht sofort übel: Zeichen und Zeuge der spontanen Vergärung. Und wieder ein wichtiger Beweis für Reifepotenzial.
Doch dann öffnet sich der Batterieberg. Ich hab’s erlebt. Und dann zeigt er viel Kraft und Mineralität. Erhaben mit einer (blödes Wort) betörenden Rieslingsfrucht, die viel Grapefruit, Weingartenpfirsich und ätherische Thymiannoten mitbringt. Am Gaumen (noch mal das blöde Wort) betörend fruchtsüß mit salzigem Nachhall. Ein Garant für 20 Jahre pures Trinkvergnügen. Da spricht schon die Reduktivität für.
Ellergrub ewig
Am Schluss noch die Ellergrub: Rosenblüten mit Pfirsich, nur helle Früchte kombiniert mit Heilkräutern und Salbei. Dazu auch Tannenzapfen und reife Orangen. Ein (zum dritten Mal das blöde Wort) betörender Hauch von Ewigkeit. Ein extremer Wein, bei dem alles ausgereizt wurde. Dazu eine feine, fast kitzelnde Säure. Aber auch heftig cremig und gigantisch im Nachhall. Hier fehlt es an nichts und nichts ist zu viel.
P.S.: Kollmanns Reben wurzeln in Schiefersteillagen. Einige Rebstöcke aus den Lagen sind wurzelecht. Das heißt, sie überstanden die Reblauskatastrophe in Europa. Wurzelechte Weine sterben aus, da ein EU-Gesetz aus vorbeugenden Gründen das Auspflanzen von unveredelten Rebstöcken verbietet. Das macht Kollmanns Weine zu den letzten ihrer Art.